Unsere Haltung soll sich nicht auf sich selbst zurückziehen. Unsere Haltung soll sich in alle Richtungen entwickeln, in die Unendlichkeit der Richtungen, sich dem Unendlichen öffnen. Die Unendlichkeit der Formen ist nichts anderes als die Nicht-Form. Man kann sagen dass die Formen aus der Nicht-Form heraus entstehen und in die Nicht-Form zurückkehren. Etwas poetischer kann man sagen: „Die weiße Wolke ist der Sohn des blauen Berges“.
Die Formen sind alle vergänglich. Sie werden alle geboren, haben ein Leben und Sterben. Sowohl die Libellen, die Eintagsfliegen als auch die Elefanten, die Affenbrotbäume, die Flüße und die Berge. Alle Formen sind vergänglich. Alle Formen entstammen der Nicht-Form und kehren zur Nicht-Form zurück. Dies kann man in diesem Gedicht erspüren: „Die Wolke erscheint am Himmel, sie verschwindet schnell, aber der Berg ist ewig, er bewegt sich nicht“. Es gibt etwas das sich in aller Ewigkeit nicht bewegt. Selbst wenn man nicht weiß was das ist, kann man vom ursprünglichen Geist sprechen, der nicht Nichts ist.
Die Gedanken erscheinen und verschwinden schnell. Die reine Existenz ist ewig. Der Gedanke ist die Tochter der reinen Existenz. Wir können unser Leben nicht leben indem wir uns nur auf die Gedanken stützen. Ein Beispiel: Wir lieben jemanden. Wir können unterscheiden was an dieser Person gut ist, aber auch was an ihr schlecht ist. Wir können auf diese Art und Weise alle Arten von Unterscheidungen treffen, unendlich viele. Diese Person zu lieben ist sie in ihrer Gesamtheit zu akzeptieren, jenseits von allen Unterscheidungen, die das Denken trifft.
Die Existenz ist die Mutter von allen Unterscheidungen. Die Mutter liebt ihr Kind egal was man sagen oder denken kann. Bevor wir Gedanken haben, bevor die ersten Wörter gesagt werden existieren wir. Man kann sein Leben nicht alleine aus der Angst heraus leben. Man kann sein Leben nicht leben indem man sich nur auf die Gier, die Abneigung und die Dummheit stützt.
Es ist wichtig sein Leben auf der Basis der puren Existenz zu leben, der Mutter aller Standpunkte. Zazen zu praktizieren ist sich dieser Dimension der reinen Existenz zu öffnen, dieser Dimension des ewigen Geistes. Sich der Nicht-Angst zu öffnen, der wahren Liebe. Dies betrifft alle Menschen ohne Ausnahme.
Als Meister Deshimaru im Westen ankam, war er erstaunt über die Angst die die Menschen hier in Besitz nimmt. „Die Stille dieser unendlichen Weiten erschreckt mich“ sagt Pascal. Bodhidharma sagt: „Beeilt euch, vereinigt euch mit dem Mysterium“. Gläubig eilen, sich mit dem Unbegreiflichen zu vereinigen.
Die Unendlichkeit der Unterscheidungen arbeitet für den Glanz der Armeen der Teufel. Die Abwesenheit von aller Bewegung, aller Überlegungen, aller Intentionen arbeitet für die königliche Herrlichkeit von Buddha.
Dies übersetzt sich in die Praxis alle unsere Standpunkte, aller unsere Unterscheidungen vorbeiziehen zu lassen. Auf keinem Standpunkt verharren. Die königliche Herrlichkeit von Buddha zu bewahren und zu unterhalten.
Taiun JP Faure, August 2021

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